C 5.3 Identifizierung von Wertrelationen an vorgegebenen Positionen

5.3 Identifizierung von Wertrelationen an vorgegebenen Positionen

Das logische oder mathematische Operieren auf der Basis mehrerer Werte ist in Karten ein wichtiger Aspekt der visuellen quantitativen Informationsverarbeitung. Voraussetzung dieser Operationen sind die in Untersuchung 3.21 angesprochenen Prozesse der Wertidentifizierung an bestimmten Positionen, so dass hier nur die Operation des Wertvergleichs selbst untersucht wird.

Die bei der Wertidentifizierung angesprochene unterschiedliche Prägnanz von Wertbereichsabgrenzungen wird sich bei den komplexeren Beziehungsoperationen wahrscheinlich noch stärker auf die Sicherheit der Ergebnisfindung auswirken, als dies bei der Identifizierung von Wert der Fall ist. Es kann eventuell sogar davon ausgegangen werden, dass bei einigen Kartentypen bestimmte Operationen gar nicht mehr durchgeführt werden können und daher deren Funktion in diesem Bereich der Informationsverarbeitung in Frage gestellt ist. Untersucht werden exemplarisch zwei grundlegende Beziehungsoperationen:

Als Erweiterte Blickbewegungsanalyse wird für die einzelnen Kartentypen ermittelt:

  • Wahrnehmungsleistungen; sie ergeben sich aus dem Verhältnis von richtig identifizierten zu angebotenen relevanten Werten sowie benötigter Wahrnehmungszeit;
  • mentaler Aufwand; ergibt sich aus dem für eine Aufgabe benötigten Umfang von Fixationen und Sakkaden;
à Es werden 2 Gruppen von Testvorlagen erzeugt: eine Gruppe mit jeweils 2 Punkten pro Gruppe, eine mit jeweils 4 Punkten pro Gruppe. Vor jeder Testvorlage wird die zu identifizierende Wertrelation angegeben. Die Relationen

  • „identisch oder
  • nicht identisch,
  • insgesamt höher oder
  • insgesamt niedriger

werden mit allen Kartentypen durchgeführt. Die mathematischen Summenoperationen

  • mehr als doppelt so groß oder
  • ungefähr gleich groß
  • weniger als halb so groß“ oder
  • zusammen kleiner

werden nur mit Flächendiagrammen und Gest. Gittersignaturen durchgeführt.

Aufgabenstellung:

„In den folgenden Karten sollen Sie auf verschiedenen Kartenvorlagen die Werte zweier Punktgruppen miteinander vergleichen“

Zwei Grafiken mit Legende zur Erläuterung

„Vergleichen Sie bitte die beiden roten (grünen, blauen, violetten) Punktgruppen.

In beiden Gruppen sind jeweils Werte durch zwei (vier) Punkte gekennzeichnet.

Wenn die gekennzeichneten Werte in der 1. Punktgruppe mit denen der 2. Punktgruppe identisch sind (nicht identisch, insgesamt höher, insgesamt niedriger, mehr als doppelt so groß, ungefähr gleich groß, weniger als halb so groß, zusammen kleiner) , drücken Sie die Ja-Taste, sonst drücken Sie die Nein-Taste.“

Graphische Beispiele:
Abb 53 Choroplethen, 2 Punkte, „insgesamt höher“, VP 1_1
 
Abb 53.1 Diskrete Niveauflächen, 4 Punkte, „nicht identisch“, VP 4_2
 
 
Quantitative Ergebnisse:
 
Identifizieren von Wertrelationen: 2 Punkte je Punktgruppe:

In den folgenden Tabellen werden jeweils die Mittelwerte der berechneten Faktoren zu den 7 Kartentypen und den verschiedenen Relationen angegeben. Es werden zuerst alle Ergebnisse für die Testvorlagen mit 2 Punkten je Punktgruppe aufgeführt und im Anschluss daran die Ergebnisse für die Testvorlagen mit 4 Punkten je Punktgruppe.

Die Fehlerquote wurde aus der Summe der Fehler aller Versuchspersonen, geteilt durch die Anzahl der Versuchspersonen berechnet und in Prozent umgewandelt
Abb 53.2 Fehlerquote
Die Fehlerquoten zeigen, dass bei drei Modellformen die meisten Fehler bei der Relation „insgesamt niedriger“ gemacht wurden. Bei den anderen vier Modellformen wurden hier dagegen keine Fehler gemacht. Bei der Flächendiagrammen wurden nur bei der Relation „nicht identisch“ Fehler gemacht.
 

 

Abb 53.3 Reaktionszeit = Zeit von Präsentation der Testvorlage bis Antwort-Klicks
Die Reaktionszeit zeigt, dass im Durchschnitt bei den Gest. Gittersignaturen die schnellsten Entscheidungen getroffen wurden. Lange Reaktionszeiten sind bei den beiden Niveauflächen bei der Relation „identisch“ registriert worden. Generell ist die geringste Reaktionszeit bei den Flächendiagrammen bei der Relation „ insgesamt höher“ festzustellen.
Abb 53.4 Benötigte Anzahl Fixationen
Eine relativ geringe Anzahl an Fixationen wurde bei den Gest. Gittersignaturen benötigt um die Entscheidung zu treffen. Hohe Fixationszahlen wurden im Durchschnitt bei der Stetigen Niveauflächenkarte und den Isarithmen festgestellt. Hier scheint die kognitive Belastung am größten gewesen zu sein.
 

Abb 53.5 Interfixationen = Abstände zwischen Fixationen
Die Interfixationen zeigen als Maß für die Schwierigkeit einer Testvorlage, dass die Relationen „nicht identisch“ und „insgesamt höher“ bei den Choroplethen relativ einfach zu beantworten waren. Kurze Interfixationszeiten bei allen Relationen der Isarithmen deuten darauf hin, dass die Aufgabenstellung hier schwieriger zu lösen war.
 

Abb 53.6 Wegstrecke: mit dem Blick zurückgelegte Distanz
Die Wegstrecke zeigt die Distanz die der Blick für die Lösung der Aufgabenstellung zurücklegen musste. Da immer eine Punktgruppe im linken Teil der Karte mit einer Gruppe im rechten Teil der Karte verglichen werden musste, besteht die Strecke meistens aus der direkten Verbindung von der ersten zur zweiten Punktgruppe. Kurze Strecken wurden bei den Gest. Gittersignaturen mit Ausnahme der Relation „insgesamt niedriger“ registriert. Lange Strecken wurden bei den Stetigen Niveauflächen bei den Relationen „identisch“ und „insgesamt niedriger“ benötigt. Die Strecke steht jedoch im direkten Zusammenhang mit der Position der Punktgruppen. Liegen die Punktgruppen nah beieinander werden kürzere Strecken zwischen den Punkten zurückgelegt als bei weit voneinander entfernten Punktgruppen. Aus diesem Grund wurde zusätzlich die Anzahl der Blickwechsel zwischen den Punktgruppen ausgewertet.
Abb 53.7 Identifizieren von Wertrelationen – mathematische Summenoperationen

Die Fehlerquote zeigt, dass bei den mathematischen Summenoperationen bei den Flächendiagrammen weniger Fehler gemacht wurden als bei den Gest. Gittersignaturen Innerhalb der Relationen wurden bei der Relation „ungefähr gleich groß“ gar keine Fehler gemacht und bei der Relation „zusammen kleiner“ nur bei den Gest. Gittersignaturen mit 4 Punkten je Punktgruppe.

 

Abb 53.8 Reaktionszeit
Die längste Reaktionszeit wurde bei der Relation „weniger als halb so groß“ bei den Flächendiagrammen und 2 Punkte je Gruppe benötigt. Die kürzeste Reaktionszeit bei der Relation „ungefähr gleich groß“ bei den Gest. Gittersignaturen mit 2 Punkten je Gruppe. Dies spiegelt sich auch in untenstehendem Diagramm zur Anzahl der Fixationen wider.
Abb 53.9 Interfixationen

Die Abstände zwischen Fixationen sind bei den Gest. Gittersignaturen jeweils bei der Relation „mehr als doppelt so groß“ sehr lang, hier scheint die Aufgabenstellung nicht besonders schwer gewesen zu sein. Dagegen wurden bei den Flächendiagrammen bei der Relation „ungefähr gleich groß“ bei 4 Punkten je Gruppe sehr geringe Abstände festgestellt.

Abb 53.10 Anzahl Blickwechsel
Bei der Anzahl der Blickwechsel zwischen den Punktgruppen fällt auf, dass bei den Flächendiagrammen bei 2 Punkten je Gruppe mehr Blickwechsel benötigt wurden als bei 4 Punkten je Gruppe. Dies könnte auf einen Lerneffekt zurückzuführen sein.