C 2.6 Erfassungs- und Evaluationsmethoden

2.6 Erfassungs- und Evaluationsmethoden

Ein wichtiges Kriterium der vorliegenden Untersuchungen sind das Verhalten und die gedanklichen Einstellungen der Versuchspersonen zu den Aufgaben und Fragen der jeweiligen Experimente. Als Evaluationsmethode können dazu zwei Ansätze unterschieden werden. Zum einen sogenannte „subjektive Verfahren“, bei denen Äußerungen der Versuchspersonen zum Experiment erfasst werden sowie „objektive Verfahren“ mit Beobachtung des Verhaltens der Versuchspersonen durch den Versuchsleiter oder durch die automatische Aufzeichnung des Versuchsablaufs mit Hilfe entsprechender digitaler Systeme.

2.6.1 Befragungen

Methode zur empirischen Datenerhebung, die vorwiegend dann eingesetzt wird, wenn das zu untersuchende Phänomen nicht direkt beobachtbar oder messbar ist. Befragungen können nach dem Grad der Standardisierung, der Form der Kommunikation zwischen Interviewer und Befragtem, der Struktur der Befragten und der Art der Frageformulierung und ihrer Antwortmöglichkeiten unterschieden werden. In der Untersuchung kommen neben den gerätebezogenen Experimenten drei Formen von Befragungen zur Anwendung. Sämtliche Untersuchungsformen erfolgen im Bildschirmdialog, so dass die Ergebnisse digital ausgewertet werden können.
  • Affektbetonte Befragung in Form eines sog. Semantischen Differenzials,
  • Offene Befragung,
  • Strukturierte Befragung.

2.6.1.1 Affektbetonte Befragung

In Form eines Semantischen Differenzials sollen mehr oder weniger vorstell- und zuordbare bipolare Adjektive den sieben optischen Modellszenerien visuell-gedanklich gegenübergestellt werden (vgl. Abb. 26.1). Von den VPn erfordert dies die begriffliche Identifizierung und die emotionale Bewertung der angebotenen Adjektive und den Abgleich mit den jeweiligen Kartographischen Modellformen. Die Akzeptanz der präsentierten Adjektive durch die VPn ist sehr unterschiedlich und führte zum Teil zu kritischen Kommentaren. Interessant ist vor allem die Gegenüberstellung der graphischen Struktur von Modellformen (U1), die unabhängig von einem Karteninhalt erfolgen müssen. Es zeigte sich schon in parallel erfolgten Untersuchungen, dass dem Betrachter die Wahrnehmung von „graphikseparierten“ kartographischen Szenen sehr schwerfällt und er diese häufig mit inhaltlichen Assoziationen und Vorstellungen verbindet. Dabei kann aber vermutet werden, dass unabhängig von diesem Sachverhalt ein Wirkungspotential der Graphik bei der Wahrnehmung durchaus gegeben ist und dies durchaus ein Faktor der Informationsgewinnung darstellt.
Semantisches Profil
Abb. 26.1 Semantisches Differenzial

2.6.1.2 Offene Befragung

Mit Hilfe dieser Frageform werden in sprachlicher und begrifflicher Hinsicht individuelle Einschätzungen, Meinungen und Bewertungen zu präsentierten Modellformen erwartet. Es wird den VPn folgender Erläuterungstext vorgegeben:

„Beschreiben Sie das graphische Muster der gezeigten Karte mit eigenen Worten. Sind Ihnen graphische Teilmuster aufgefallen? Welche Farbverläufe waren in der Karte zu sehen? Waren die Farbverläufe klar voneinander abgegrenzt?“

Der Hintergrund der Fragen ist die allgemein bestehende Unsicherheit über die fachliche aber vor allem auch allgemeine Einordnung kartographischer Konstruktionsvariationen. Es werden also keine streng fachlich verwertbaren Ergebnisse erwartet, sondern eher assoziative und spekulative Antworten, die zu neuen und eventuell ungewöhnlichen Erkenntnissen führen können.

Zur Antwort- oder Beschreibungsstruktur werden durch die SPSS Text Analysis for Survey folgende differenzierte Hinweise zur Auswertung von Befragungsergebnissen gegeben:

  • Automatisches Erkennen häufiger, zentraler Begriffe in den Antworten
  • Verknüpfung von Begriffen mit positiven oder negativen Aussagen, die im Zusammenhang mit ihnen gemacht wurden
  • Schnelleres Erstellen von Kategorien und Kodierungssystemen
  • Verlässliche, standardisierbare Zuordnung von Antworten zu Kategorien
  • Visuelle und tabellarische Überprüfung der Kategorien
  • Manuelle Ergänzung und Erweiterung automatisch erstellter Kategorien

etc.

Diese sinnvollen, aber aufwendigen Analysemethoden werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur ansatzweise berücksichtigt. Es werden qualitative Deutungen vorgenommen und als Kategorien für die Interpretation der gesamten Ergebnisse verwendet.

2.6.1.3 Strukturierte Befragung

Es sollen beispielhaft ausgewählte graphische Elemente und Relationen, die in den Modellformen in unterschiedlicher Form zum Tragen kommen, von den VPn am Bildschirm betrachtet und bewertet werden. Die Fragestellungen und konkreten Fragen setzen abstrakte kartographische Kenntnisse voraus, die bei den rd. 100 VPn auf einem vergleichbaren Niveau erwartet wurden. Es hatte sich allerdings bei vorhergehenden Untersuchungen gezeigt, dass ähnlich gestellte Fragen von „fachlichen Laien“ nur eingeschränkt verstanden und beantwortet werden konnten. Die qualitative Bewertung oder Einschätzung der graphischen Elemente, die im Rahmen der vorgehenden Experimente im Zusammenhang mit den Modellformen wahrgenommen und bei der Lösung von Aufgabenstellungen in ihren Funktionen erfahren wurden, musste auf der Grundlage einer abgestuften Skale (Ratingskala) durhgeführt werden. Es wird so den Versuchspersonen die Möglichkeit gegeben, ihre Bewertungen in Zutreffensgrade zu differenzieren und damit auch eventuelle „Unsicherheiten“ zu dokumentieren. Aufgrund der erreichten Ordinalskalierung von Ergebnissen, ergibt sich eine gute Möglichkeit, diese für die sieben Modellformen zu vergleichen (Abb.2).
Fachfragen 1Fachfragen 2
Abb. 26.2 Befragungen am Bildschirm