1.3 Beleuchtung und visuelle Wahrnehmung

1.3 Beleuchtung und visuelle Wahrnehmung

Für das störungsfreie Betrachten einer kartographischen Präsentation bzw. für die Aufnahme und Verarbeitung von Lichtreizen sind verschiedene Faktoren der Beleuchtung maßgebend. Ziel der Beleuchtung ist dabei die optimale optische und sensorische Wahrnehmung von Zeichen und Zeichenunterschieden, die sich vor allem aus der Zeichenauflösung, der Kantenschärfe und der Grauton- und Farbtonunterscheidbarkeit von visuellen Elementen ergeben. Ziel der Nutzung von Umgebungsbeleuchtung ist grundsätzlich die sensorische Wahrnehmung einer ausreichenden Zeichendifferenzierung.
Beleuchtungsverhältnisse bestimmen den Helligkeitseindruck, der von einer Präsentationsfläche ausgeht. Die Wirkung der Beleuchtung ist abhängig von der Größe, also dem Format der im Gesichtsfeld befindlichen visuellen Präsentation beispielsweise als Papierkarte, Bildschirm oder sonstiger Projektionsfläche. Diese sind beleuchtet oder selbstleuchtend. Neben der Größe wirken die Entfernung bzw. der Winkel von Präsentationsfläche und Beobachter. Beleuchtungsverhältnisse bestimmen den Helligkeitseindruck, der von einer Präsentationsfläche ausgeht.
Die Stärke des Lichtes, die von einer solchen Präsentationsebene reflektiert wird oder von dieser ausgeht und die einen Helligkeitseindruck hervorruft, ergibt sich aus dem Betrag an Lichtenergie, der von einer Lichtquelle als Strahlung abgegeben wird, bzw. der zur Beleuchtung der Präsentationsebene führt. Die Stärke des Lichtes ergibt sich aus dem Betrag an Lichtenergie, der von einer Lichtquelle als Strahlung abgegeben wird.
Wie in Tabelle 13.1 aufgeführt ist, liefert die Leuchtdichte (cd/m²), mit der die Helligkeit von flächenhaften Lichtquellen beschrieben werden kann und die zur Berechnung von Beleuchtungsstufen herangezogen wird, detaillierte Information über die Orts- und Richtungsabhängigkeit des von einer Lichtquelle abgegebenen Lichtstromwerts in Lumen (lm). Mit dem Lichtstromwert wird die Helligkeit auf einer Fläche in Abhängigkeit von deren Abstand zum Betrachter als Raumwinkel srad (Radiant) berücksichtigt (ein srad markiert auf der Umfangslinie eines Kreises mit r =1 m einen Bogen der Länge von 1 m).

 

Die Leuchtdichte (cd/m²) liefert Information über von einer Lichtquelle abgegebenen Lichtstromwerts in Lumen (lm).

Tab. 13.1 Physiologische Lichtgrößen, bei denen die Wellenlängen (physikalische Größen) in Abhängigkeit von der menschlichen Wahrnehmungssituation berücksichtigt sind.

 

Das Helligkeitsniveau, das von unseren Augen in der Umwelt verarbeitet werden muss, zeigt sich in einem kaum vorstellbaren Umfang der Lichteinwirkung. So beträgt der Bereich zwischen einem sternlosen Himmel und einem Himmel mit maximalem Sonnenlicht rd. 36 Beleuchtungsstufen, d. h. einer 36fachen Verdoppelung der Helligkeit. Der Bereich, der vom menschlichen Auge gut verarbeitet werden kann, liegt im Bereich von rd. 8 Beleuchtungsstufen (10−4 cd/m2 Leuchtdichte bei Sternenlicht und 104 cd/m² bei Sonnenlicht). Das menschliche Auge kann  rd. 8 Beleuchtungsstufen verarbeiten, das sind 10−4 cd/m2 Leuchtdichte bei Sternenlicht und 104 cd/m² bei Sonnenlicht.
Die Beleuchtungsstärke bestimmt die Lichtwirkung auf einer beleuchteten Fläche, reflektiert in Blickrichtung. Um beispielsweise festzustellen, ob eine Arbeitsfläche ausreichend ausgeleuchtet ist, kann die Beleuchtungsstärke in Lux (lx) gemessen werden. Der Bereich der Beleuchtungsstärke, der als angenehm zum Lesen empfinden wird, liegt zwischen 100 und 3000 lx. In diesem Bereich wird das subjektive Bild von der Umwelt als kontrastreich und blendfrei empfunden. Dabei kann die Einschätzung der Lichtleistung einer Glühlampe heute nicht mehr allein durch deren Strahlungsleistung (Watt) beschrieben werden. Es ist vielmehr sinnvoll, zusätzlich den Lumenwert zu berücksichtigen, da es energieeffizientere Alternativen wie z.B. LED-Lampen gibt, die bei geringerem Energieaufwand größere Lichtleistungen erzeugen. Der Bereich der Beleuchtungsstärke, der als angenehm zum Lesen empfinden wird, liegt zwischen 100 und 3000 lx.

 

1.3.1 Umgebungsbeleuchtung

Neben der Beleuchtungsstärke der Präsentationsfläche hat die Beleuchtung der Umgebung einen Einfluss auf die Wahrnehmung. Trotz verschiedener Konstanzleistungen unserer Augen ergeben sich durch die Umgebungsbeleuchtung Verschiebungen bei den wahrgenommenen visuellen Elementen. Das bedeutet, dass das peripher wirkende Licht der Umgebung die Reizsituation auf der Präsentationsfläche verändert. Durch die Umgebungsbeleuchtung ergeben sich Verschiebungen bei den wahrgenommenen visuellen Elementen.
Im näheren Umfeld einer Präsentationsfläche, wie Arbeitstisch mit Bildschirm, Tastatur und Arbeitsmaterialien wird empfohlen, von einer Leuchtdichte zwischen 200 und 70 cd/m² d.h. von einem maximalen Helligkeitsunterschied von nicht mehr als 3:1 auszugehen (Normung für Bildschirmarbeitsplätze: DIN 5035 Teil 7 2004 – 2008). Beste Bedingung ist ein Kontrast von 1:1. Zwischen dem näheren Arbeitsumfeld und der weiter entfernten Umgebung (z. B. Arbeitsraum) liegt das empfohlene Verhältnis der Leuchtdichten bei ca. 10:1, also zwischen 200 und 20 cd/m². Für den Arbeitstisch wird empfohlen, von einem maximalen Helligkeitsunterschied von nicht mehr als 3:1 auszugehen.
Neben der Helligkeit der Beleuchtungsfläche haben vor allem indirekte Blendwirkungen, Reflexionen oder Spiegelungen auf dem Bildschirm oder sonstigen Arbeitsmitteln einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung. Hervorgerufen werden diese indirekten Faktoren durch die Auslegung und Anordnung der Beleuchtung. Einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung haben vor allem indirekte Blendwirkungen, Reflexionen oder Spiegelungen auf dem Bildschirm.
Blendungen treten durch Direktblendung oder Spiegelung auf. Sie sind Störungen durch zu hohe Leuchtdichten oder zu große Leuchtdichteunterschiede im Gesichtsfeld. Sie werden durch Lampen oder Leuchten und durch Spiegelungen von Gegenständen mit hoher Leuchtdichte auf glänzenden Flächen hervorgerufen. Reflexion ist die Wiedergabe des Lichteinfalls auf glatten bzw. hellen Oberflächen. Spiegelung wird durch Reflexion erzeugt und kann z.B. am Bildschirm mehrfach nacheinander auftreten.
Die Allgemeinbeleuchtung sollte mindestens 500 Lux Nennbeleuchtungsstärke betragen, wobei die Angabe in Lux nicht aussagekräftig genug ist, so dass zusätzlich zur Beurteilung Werte zur Leuchtdichte und zum Reflexionsglanz herangezogen werden müssen. Eine Allgemeinbeleuchtung erwirkt im Gegensatz zu Einzelplatzbeleuchtung nur einen geringen Wechsel zwischen Hell- und Dunkel-Adaptation, das heißt, sie fördert eine ausgewogene Leuchtdichteverteilung. Grundsätzlich ist die natürliche Beleuchtung günstiger als künstliche, da die künstliche Beleuchtung ggf. Direkt- oder Reflexblendungen hervorruft. Für Begrenzungsflächen des Raumes sind warmweiße oder neutral weiße Lichtfarbe sowie ungesättigte, helle Farbtöne für die Wahrnehmung am besten geeignet (Sicherheitsregeln der Berufsgenossenschaften – BGI 856). Die natürliche Beleuchtung ist günstiger als künstliche, da die künstliche Beleuchtung ggf. Direkt- oder Reflexblendungen hervorruft
Neben diesen Bedingungen in normal beleuchteten Räumen spielen auch Beleuchtungsbedingungen in Fahrzeugen oder im Gelände für die Wahrnehmung mit kartographischen Medien eine Rolle. Dabei muss zusätzlich vor allem bei nicht selbst leuchtenden Präsentationsflächen von erheblichen natürlichen Lichtschwankungen durch Sonneneinstrahlung und Bewölkung sowie Tages- und Nachtbeleuchtung ausgegangen werden. In Fahrzeugen oder im Gelände muss von erheblichen natürlichen Lichtschwankungen durch Tages- und Nachtbeleuchtung ausgegangen werden.
Die größte Sehschärfe ergibt sich beim Tagessehen, besonders im Augenbereich der Fovea centralis in der Mitte der Netzhaut. Beim Nachtsehen ist das scharfe Sehen stark eingeschränkt. Vor allem nimmt der Kontrast ab, so dass Details kaum noch wahrgenommen werden können. Dies liegt daran, dass die Signale benachbarter Stäbchen zusammengefasst und interpoliert und daher geometrisch größere Einheiten neuronal verarbeitet werden (vgl. Rezeptive Felder). Da im Bereich der Fovea centralis keine Stäbchen existieren, kann die (skotopische) Stäbchensehschärfe verbessert werden, wenn in der Dunkelheit die Sehrichtung neben den eigentlichen Wahrnehmungsgegenstand gerichtet wird, so dass die relevanten Reize auf das unmittelbare Umfeld der Fovea centralis (parafoveal) treffen, auf dem die Anzahl der Stäbchen stark zunimmt. Dabei reagieren die Stäbchen in der Dämmerung und Dunkelheit langsamer als die Zapfen, so dass im Moment der Veränderung der Blickrichtung Impulse vom Auge zum Gehirn verzögert werden und Doppelbildeffekt entstehen können (sog. Pulfricheffect). Beim Nachtsehen nimmt der Kontrast ab, da die Signale benachbarter Stäbchen zusammengefasst und interpoliert und daher geometrisch größere Einheiten neuronal verarbeitet werden.

 

1.3.2 Wechselnde Umgebungsbeleuchtung

 Um den gesamten Helligkeitsbereich der Umwelt für die Wahrnehmung nutzen zu können, verfügt der Menschen über mehrere visuelle Adaptationsmechanismen. Der auffälligste Mechanismus ist die reflexartige Veränderung der Pupillengröße. Eine durchschnittliche Zunahme des Pupillendurchmessers um das Dreifache führt zu einer Vergrößerung der Öffnungsfläche um den Faktor 10. Die Steuerung der Pupillenreflexion läuft unbewusst ab, wobei Lichtreize in der Retina aufgenommen und über den Sehnerv an das Mittelhirn weitergeleitet werden, wo eine Verschaltung vorgenommen wird. Daraus ergibt sich eine neuronale Koordination, deren Ergebnisse an die Irismuskulatur beider Augen weitergeleitet werden, so dass die Pupillen beider Augen immer gleichzeitig reagieren. Der Gesamtbereich der Lichteinwirkung, der durch Mechanismen der Hell-Dunkel-Adaptation abgedeckt werden muss, ist allerdings so groß, dass dieser Pupillenreflex dabei nicht die wichtigste Rolle spielt. Die Zunahme des Pupillendurchmessers um das Dreifache führt zu einer Vergrößerung der Öffnungsfläche um den Faktor 10.
Der größte Beitrag zur Hell-Dunkel-Adaptation erfolgt durch die Sinneszellen selbst. Die lichtempfindlichen Photorezeptoren der Netzhaut können ihre Empfindlichkeit in Abhängigkeit von der Beleuchtungsstärke ändern. Auf Rezeptorebene wird bei längerer Lichteinwirkung der Transport von Sehfarbstoff verringert, wodurch die Zellen unempfindlicher für Belichtung werden. Auf helle Lichtverhältnisse reagieren die Sehzellen dagegen – auch zum Schutz der Netzhaut – sehr rasch und passen sich den helleren Lichtverhältnissen optimal an. Der unterschiedliche Zeitraum bei der Hell- und bei der Dunkel-Adaption liegt vor allem darin, dass bei der Dunkeladaptation in Zapfen und Stäbchen der bei hellerem Licht zerfallene Sehfarbstoff wiederaufgebaut werden muss. Der Wiederaufbau erfolgt langsamer als der Zerfall, so dass die Dunkeladaptation einen längeren Zeitraums als die Helladaptation erforderlich macht. Die lichtempfindlichen Photorezeptoren können ihre Empfindlichkeit in Abhängigkeit von der Beleuchtungsstärke ändern.
In der Dämmerung ist bei der Dunkeladaption, also beim Wechsel vom Hellen zum Dunklen, die Sehfähigkeit der Netzhaut stark eingeschränkt. Nach etwa einer Minute hat sich dabei die Sensitivität der Zapfen um das Hundertfache gesteigert und nach ca. drei Minuten haben sie sich vollständig adaptiert. Insgesamt verbessert sich die Sehfähigkeit dann erst nach einer zeitlichen Spanne von ca. 6 Minuten weiter, und zwar durch die Adaptionsleistungen der Stäbchen, die für das eigentliche Dämmerungssehen besonders geeignet sind. Dieser Wechsel zwischen Zapfen- und Stäbchenadaption und die dabei auftretende zeitliche Verzögerung führt – gedacht als eine Steigerungskurve der Adaptionsleistung – zu dem sog. Kohlrausch-Knick (in der Kurve). Die Stäbchen brauchen danach bis zu 30 Minuten, um sich vollständig an die Dunkelheit anzupassen. Die Empfindlichkeit hat sich dann auf einen weit mehr als 100000-fachen Helligkeitswert eingestellt. Der umgekehrte Prozess, die vollständige Helladaptation, vollzieht sich dagegen vom dunklem zum hellen Licht in nur ca. einer Minute. In der Dämmerung und Dunkelheit ist die Aufnahmefähigkeit der Zapfen stark eingeschränkt. Die Stäbchen brauchen bis zu 30 Minuten, um sich vollständig an die Dunkelheit anzupassen.
Eine spezielle Situation der Adaption ergibt sich, wenn im Gesichtsfeld ein großer Unterschied in der Helligkeit auftritt, indem das Auge wiederholt zwischen einem hohem und einem niedrigem Lichtniveau wechseln muss. Im Bereich der Kartenwahrnehmung ergibt sich eine solche Situation beispielsweise beim Wechsel der Blickrichtung zwischen einem hell leuchtenden Display eines Navigationssystems und einem umgebenden Dämmerungs- oder Nachtlicht. Durch neuronale Anpassung des Auges an die wechselnden Beleuchtungsbedingungen erfolgt quasi eine Mittelung der Empfindlichkeitseinstellung der Netzhaut, die allerdings zu einer relativen Reduktion des wahrnehmbaren Kontrastes führt (transiente, kurzzeitige Adaption). Durch neuronale Anpassung des Auges an wechselnde Beleuchtungsbedingungen erfolgt eine Mittelung der Empfindlichkeitseinstellung der Netzhaut.