5.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse

5.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Kartenkomplexität
In der Untersuchung wurden die Wahrnehmungsleistungen von Personen hinsichtlich der Auswirkung von unterschiedlichen Komplexitätsreizen auf Vorgänge der Zeichenwahrnehmung in Karten analysiert. Im Zusammenhang mit sechs grundlegenden Fragestellungen der Zeichenwahrnehmung in Karten und mehreren gruppenspezifischen Vergleichsuntersuchungen, von denen in dieser Arbeit nur drei dargestellt sind, konnten u.a. folgende Gesamttendenzen der Wahrnehmung in Abhängigkeit von den Reizbedingungen in Kartenvorlagen ermittelt werden: Es wurden folgende Gesamttendenzen der Wahrnehmung in Abhängigkeit von den Reizbedingungen in Kartenvorlagen ermittelt:
Wahrnehmungsleistungen als Faktor der Kartenkomplexität
  • Bei der Selektion von Zeichen in Karten ergibt sich eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen den Leistungen der Zeichenwahrnehmung und den Komplexitätsreizen des Kartenhintergrunds.
  • Mit zunehmender Komplexität (Unterschied zwischen den min. und max. Entropiewerten der Komplexitätsstufen beträgt ca. 25% – ausgehend von der max. Entropie) wurde eine Verminderung der Wahrnehmungsleistungen bei Selektionsprozessen um bis zu 45% festgestellt.
  • Bei Schätzvorgängen erfolgte mit zunehmender Komplexität ein Abfall in den Wahrnehmungsleistungen von bis zu 30%.
  • Die Wahrnehmungsdauer eines Interpretationsprozesses nimmt bei elementaren Interpretationsvorgängen mit zunehmender Zeichenkomplexität zwischen 30% und 40% zu – bei komplizierteren Interpretationsprozessen um rd. 20%.
  • Die Wahrnehmungssicherheit nimmt bei elementaren Interpretationsprozessen mit zunehmender Zeichenkomplexität um bis zu 10% ab – bei komplizierteren Interpretationsprozessen um mehr als 15%.
Selektion von Zeichen mehrerer Zeichentypen in Karten
  • Das Leistungsniveau der Wahrnehmung sinkt bei einer Zunahme der Kartenkomplexität im Mittel um rd. 2o%, maximal um rd. 3o%.
  • Die Wahrnehmungsdauer erhöht sich bei zunehmender Komplexität um bis zu 45%; die Wahrnehmungssicherheit vermindert sich um bis zu 10%.
  • Unabhängig von der Kartenkomplexität wirken sich lokale Reizsituationen einzelner Zeichen beim Selektionsprozess aus; innerhalb einer Komplexitätsabstufung ergeben sich Unterschiede bei der Selektion von Zeichen von bis zu 50%.
Zuordnung von Zeichen zu Arealen
  • Aufgrund der flächigen Vorstrukturierung von Kartenausschnitten in Areale werden Selektionsprozesse erleichtert.
  • Eine hohe Anzahl von informationstragenden Zeichen in einzelnen Arealen führt zu einer Verminderung der Wahrnehmungsleistung.
Distanzschätzungen
  • Distanzschätzungen erfolgen in Bereichen mit mittleren Fehlschätzungen relativ unabhängig von der Komplexität des Kartenuntergrundes.
  • In den Bereichen mit größeren Fehlschätzungen werden in Vorlagen mit hoher Komplexität die Distanzen weniger stark überschätzt als in Vorlagen mit geringerer Komplexität.
  • Distanzen zwischen o.7 und 1.7 cm werden zu rd. 50% richtig geschätzt.
  • Die Abweichungen von den vorgegebenen Distanzen betragen bei Unter- und Überschätzungen im Mittel rd. 20% bei kleineren Distanzen und lediglich rd. 12% bei größeren Distanzen.
  • Insgesamt werden beide Distanzen (0.7 0nd 1.7 cm) im Mittel um rd. 30% häufiger überschätzt als unterschätzt.
Bildung von Zeichenfeldern (Verbreitungsflächen)
  • Die visuelle Bildung von Zeichenfeldern mit Hilfe von mehreren Zeichen einer Zeichenklasse nimmt bei zunehmender Komplexität des Kartenuntergrundes bis zu 20% ab.
  • Sind (mindestens 4) Zeichen um das 4-fache ihrer eigenen Größe voneinander entfernt angeordnet, werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit als Zeichenfeld wahrgenommen.
  • Sind Zeichen um das 7-fache ihrer eigenen Größe voneinander entfernt angeordnet, werden sie nur noch mit rd. 55% Wahrscheinlichkeit als Zeichenfeld wahrgenommen.
  • Je regelmäßiger die Abstände zwischen einzelnen Zeichen eines Zeichenfeldes sind, desto eher werden sie als Felder wahrgenommen.
Selektion von Zeichen auf der Grundlage von Klassenbildungen
  • Bei komplizierten Wahrnehmungsprozessen beeinträchtigt die Kartenkomplexität die Wahrnehmungssicherheit in höherem Maße als die Wahrnehmungsdauer.
  • Vergleichs- und Selektionsprozesse in Karten werden bei zusammen angeordneten Zeichen mit größerer Sicherheit durchgeführt.
Schätzung von Zeichengrößen
  • Vergleichsschätzungen von Zeichengrößen erfolgen relativ unabhängig von der Komplexität des Kartenuntergrundes.
  • „Große“ Zeichen werden gegenüber den visuell zusammen gefassten Flächen von 5-fach kleineren Zeichen um rd. 20% unterschätzt.
  • Bei Kreisen, Quadraten und Rechtecken ergeben sich nur geringe Unterschiede in den Fehlschätzungen.
Altersbedingte Unterschiede in der Zeichenwahrnehmung
  • Personen unter 22 Jahren erzielten rd. 25% bessere Ergebnisse in den Wahrnehmungsleistungen als Personen über 42 Jahren und rd. 7% bessere Ergebnisse als die Gruppe der 23- bis 42-jährigen Personen.
  • Personen unter 22 Jahren benötigten überdurchschnittlich wenig Zeit für die Durchführung der Interpretationsprozesse; bei den Ergebnissen der Wahrnehmungssicherheit ist der Unterschied zu den anderen Altersgruppen dagegen geringer.
Geschlechtsbedingte Unterschiede in der Zeichenwahrnehmung
  • Weibliche und männliche Personen erzielten in den gesamten Wahrnehmungsleistungen ähnliche Ergebnisse.
  • Weibliche Personen benötigten für spezielle Selektionsprozesse einen größeren Zeitaufwand als männliche Personen und erzielten aber in den Werten der Wahrnehmungssicherheit bessere Ergebnisse
Bildungsabhängige Faktoren der Wahrnehmung
  • Personen mit Studium erzielten rd. 10% bessere Ergebnisse in den Gesamtwahrnehmungsleistungen als Personen ohne Studium.
  • Der Leistungsvorsprung der Personen mit Studium ergibt sich aufgrund der höheren Sicherheit bei der Wahrnehmung; die Zeitwerte sind bei beiden Gruppen ungefähr ausgeglichen.
  • Personen mit Studium erzielten in den Wahrnehmungsleistungen bei komplizierteren Interpretationsprozessen rd. 2o% bessere Ergebnisse.