5. Kartographische Spurenkonzepte |
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Zum Gebrauch von Metaphern und Bildern liegen, wie gezeigt wurde, zahlreiche Beiträge vor, in denen der gesellschaftliche Stellenwert beider Repräsentationsformen thematisiert wird und zum anderen die Bedingungen unterschieden werden, nach denen die Wissensübertragung bzw. Wissensgewinnung zu erzielen ist. Dazu sollen nun theoretische Ansätze verschiedener „Spurenkonzepte“ diskutiert werden, die vorgeben, dass aus sprachlichen Texten – und damit gegebenenfalls auch aus Karten – Informationen und Wissen über den eigentlich repräsentierten Inhalt hinaus abgeleitet sowie Bedeutungselemente verknüpft werden können. | Spurenkonzepte beschreiben, wie aus sprachlichen Texten, Bildern und gegebenenfalls kartographischen Abbildungen Informationen und Wissen über den eigentlich repräsentierten Inhalt hinaus abgeleitet sowie verknüpft werden können. |
5.1 Spurenkonzepte im Rahmen kartographischer Erkenntnis- und Arbeitsbereiche |
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Die Wirksamkeit „kartographischer Spurenkonzepte“ kann in den Rahmen kartographischer Herstellungs- und Gebrauchsprozesse gestellt und damit verdeutlicht werden, welcher Zusammenhang zwischen visuell-gedanklichen und kommunikativen Prozessen in Karten sowie der Konzeption, Herstellung und Anwendung von kartographischen Medien besteht. Im Folgenden soll mit der Darstellung von Entwicklungstendenzen in kartographischen Erkenntnis- und Arbeitsbereichen, wie sie schon in den vorherigen Kapiteln zum Teil differenzierter ausgeführt wurden, ein zusammenfassender Überblick gegeben werden (vgl. dazu auch Dickmann 2018): | Kartographische Erkenntnis- und Arbeitsbereiche als Rahmen kartographischer Spurenkonzepte: |
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Kartographische Zeichentheorie nach F. de Saussure, Ch. S. Peirce und Ch. W. Morris als „triadische Zeichenrelation“ (vgl. Koch 2002c) mit einem
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Seit den 1950er Jahren ist eine zunehmende Formalisierung im Bereich der „thematischen Kartographie“ festzustellen. Daraus haben sich entwickelt:
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Verfügbarkeit kartographischer Daten und Medien:
Externe Verfügbarkeit: durch Institutionen und Einrichtungen, die Geodaten und Karten frei oder mit bestimmten Auflagen digital zur Verfügung stellen; Verlagerung kartographischer Arbeit auf außerfachliche Interessensgruppen zur Kommunikation im Internet;
Interne Verfügbarkeit: als Prozesse visuell-gedanklicher Aufnahme kartographischer Informationen; dazu Untersuchung der visuell-kognitiven Leistungsfähigkeiten beim Kartennutzer und Feststellung des kommunikativen und handlungsorientierten Bedarfs von kartographischen Daten und Medien. |
Der Überblick soll zeigen, dass sich in der Kartographie hinsichtlich der Erkenntnisbildung, der Ausstattung von Arbeitsfeldern und der Organisation von Anwendungen unterschiedliche Entwicklungen und Anforderungen ergeben haben. Ein zentraler Faktor ist dabei, dass sich die Anforderungen in der Regel in inhaltlicher, methodischer und technischer Hinsicht deutlich getrennt darstellen, so dass sich daraus nur bedingt eine einheitliche Zuordnung von Spurenansätzen bzw. -theorien zu kartographischen Wahrnehmungs- und Wissensbildungsformen ableiten lässt. | Insgesamt haben sich in der
unterschiedliche Entwicklungen und Anforderungen ergeben. |
5.2 Kartographische Zielorientierung oder individuelle Interessen
Die Ableitung von Informationen und Wissen aus Karten wird besonders von der Form der Zielorientierung des Kartenangebots und den vorgegebenen Handlungs- und Kommunikationsverhältnissen bestimmt. Das heißt, sind solche Ziele oder Fragestellungen auf implizit vorgegebene Themenstrukturen ausgerichtet, verbunden mit einem entsprechenden Anwendungszusammenhang, werden sie in der Regel auch kommunikativ und gedanklich entsprechend umgesetzt. Der Bedingungsrahmen einer solchen „Zielorientierung“ kommt besonders in den verschiedenen Handlungsfeldern der Kartographie zum Tragen (vgl. Kap. 2.4).
Alternativ zu konkreten inhaltlichen Zielen sind Anfragen denkbar, die nicht unmittelbar von der in der Karte repräsentierten Themenstruktur ausgehen, sondern von vagen und momentanen Bedürfnissen, Erwartungen und Erfordernissen, wie etwa Kontrolle eines bestimmten Inhaltsbestandes, Erkundung von unklar erinnerten Sachverhalten, Bildung eines ungefähren Themenquerschnitts oder vorausschauende Konzeption von möglichen Rezeptionsstrategien. Des Weiteren können es aktuelle gesellschaftlich oder situationsspezifische Fragen sein, die sich nicht unmittelbar aus dem repräsentierten Karteninhalt ergeben, die aber momentan im Vordergrund stehen und die im Wahrnehmungsverlauf zu einer spezifischen Form der Informationsgewinnung führen. Diese spezifischen Intentionen können besonders durch „Spurenhinweise“ herbeigeführt oder unterstützt werden. |
Einerseits wird die Ableitung von Informationen aus Karten durch eine vorgegebene Zielorientierung sowie von speziellen kartographischen Handlungs- und Kommunikationsanweisungen gesteuert.
Alternativ sind Anfragen denkbar, die nicht unmittelbar von der in der Karte repräsentierten Themenstruktur ausgehen. Oder es können gesellschaftlich relevante oder situationsspezifische Fragen sein, die die momentan im Vordergrund stehen und die im Wahrnehmungsverlauf zu einer spezifischen Form der Informationsgewinnung führen. |
5.2.1 Die Karte als Bild und mediale Konstruktion |
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Zur Auseinandersetzung mit sprachtheoretischen Spurenansätzen soll vorab diskutiert werden, ob Karten eine feinere bedeutungstragende Strukturiertheit aufweisen als Bilder oder bildliche Graphiken und daher anspruchsvollere räumliche und inhaltliche Bedeutungsabfragen erfordern und möglich machen. Diese Bedeutungsabfragen implizieren aufwendigere Blickverläufe und gedankliche Konzeptbildungen, die so im Bereich der Bildinterpretation weniger eine Rolle spielen. Welcher Unterschied besteht also bei der Ableitung und konzeptuellen Zusammenfassung von Bedeutungen im bildlichen und kartographischen Wahrnehmungsverlauf und in welchem Zusammenhang stehen diese Vorgänge mit sprachlichen bzw. textverarbeitenden Vorgängen? | Karten weisen häufig eine feinere bedeutungstragende Strukturiertheit auf als Bilder oder bildliche Graphiken.
Welcher Unterschied besteht zwischen der Zusammenfassung von Bedeutung in Karten, Bildern und Texten? |
Bilder ermöglichen vor allem die mentale Reproduktion visuell zugänglicher Gegenstände und Sachverhalte (vgl. dazu Kap. 4.1). Diese Reproduktionen sollen eine Vorstellung des abgebildeten Gegenstands oder Sachverhalts hervorrufen. Allerdings bieten sie aufgrund der im Wahrnehmungsprozess wirkenden optischen Bedingungen, wie Bildausschnitt, perspektivische Sicht, Bildgröße, Detailliertheit und Realitätsnähe, lediglich bestimmte visuelle Aspekte der Realität an, die nur zu einer angenäherten Vorstellung des Gegenstandes führen und die wiederum nur in Form von Teilansichten bildlich vorgestellt werden können. Allerdings spielen bei der gedanklichen Konzeptbildung, neben der unmittelbaren Ansicht, gegebenenfalls „erlebtes Wissen“ vom jeweiligen Gegenstand sowie konnotative und kontextuelle Faktoren eine Rolle, so dass die gedankliche Bildkonzeption über die angebotenen Merkmale des Bildes hinausführt. | Bilder sollen eine Vorstellung von einem abgebildeten Phänomen hervorrufen. Es wird aber aufgrund der vorgegebenen Bildsicht, Perspektive, Größe, Detailliertheit und Realitätsnähe nur eine begrenzte Menge von Merkmalen angeboten.
Durch verfügbares Wissen sowie konnotative und kontextuelle Faktoren wird diese Sicht erweitert. |
Titzmann (1988, S. 378) beschreibt die Funktion eines Bildes besonders im Verhältnis zum Text: „Im Gegensatz zum Text, bei dem durch die Kodiertheit des Sprachsystems diskrete Signifikanten und Signifikate vorgegeben sind, ist das Bild zunächst ein Kontinuum nichtdiskreter Zeichenparameter, das erst durch die Projektion hypothetisch angenommener Signifikate auf das Bild als eine Menge diskreter Signifikanten strukturiert wird: was Zeichen ist, entscheidet sich in der Funktion der Bedeutung“. Es soll also damit angedeutet werden, dass Details eines Bildes lediglich als zugehörige Elemente der Gesamtansicht eines Phänomens gedeutet werden und sie erst durch die visuell-gedankliche Separierung zu Zeichen eine Bedeutungszuordnung erfahren. Dies gilt allerdings nicht grundsätzlich, denn wenn z.B. bei der Abbildung von komplexen Sachverhalten oder Prozessen verschiedene Objekte (Elemente) in einer sichtbaren funktionalen Beziehung stehen, werden die Objekte nicht vorab als Elemente einer Einheit, sondern können von vorneherein als selbständige Details erfasst werden. | Details eines Bildes werden lediglich als zugehörige Elemente der Gesamtansicht eines Phänomens erfasst und erfahren erst durch eine visuell-gedankliche Separierung zu Zeichen eine Bedeutungszuordnung.
Bei der Abbildung von Sachverhalten, denen verschiedene Objekte zugehören, werden diese aber vermutlich seperat und unmittelbar als selbständige Details erfasst. |
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Diese Annahme führt dann auch gleichzeitig zu einer möglichen bildähnlichen Wirkung von Karten. Bei einem unmittelbaren bzw. „phänomelogischen Blick“ auf eine „naturähnliche Karte“ oder „physische Karte“ wird sich vermutlich spontan der Eindruck eines einheitlichen Kartenbildes ergeben (vgl. Abb. 52.1). Bei dem dann folgenden mentalen Zugriff auf einzelne Elemente oder Muster, ergibt sich die gesamte Breite und Differenziertheit kartographischer Wahrnehmung und Konzeptbildung. Danach kann die vorgestellte Beziehung zwischen Georaum und Karte zum einen über den optischen Gesamteindruck und zum anderen über die einzelnen visuell zugänglichen georäumlichen Elemente und Relationen als Bilddetails hergestellt werden. Dazu führt Nohr (2002) allgemein aus: Die weitaus einfachste Form „sich mit dem Raum auseinanderzusetzen, dürfte die Verbildlichung der räumlichen Umgebung darstellen, also die Auftragung einer dreidimensionalen, subjektiv wahrgenommenen Umweltanmutung unter strukturierenden Parametern in eine zweidimensionale Darstellung: die Landkarte als bildlich-reduktives Modell des Raumes.“ (S. 92). | Die Beziehung zwischen Georaum und Karte kann also einmal über den optischen Gesamteindruck oder aber über einzelne, visuell zugängliche georäumliche Elemente und Relationen als Bilddetails hergestellt werden. |
Bei der mentalen Differenzierung der Karte, werden unmittelbar deren systematisch verortete Einzelobjekte und mittelbar deren nicht explizit definierte Relationen erkennbar. Sie können aber entsprechend eines Dokumentes unter den verschiedensten Blickwinkeln gesehen werden:
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Die mentale Differenzierung einer Karte könnte wie bei einem Dokument unter den verschiedensten Perspektiven gesehen werden: |
Als Grundannahme sollte nach Hepp (1999) dem Status der Karte aber „Konstruktivität“ und eine „Unabgeschlossenheit“ von Repräsentationen unterstellt werden. Unter Repräsentationen wird dann die Bedeutungsstruktur auf der Basis der georäumlichen Objektverteilung gesehen. In der Frage der daraus erfolgenden strukturellen Prozesse fächert sich der Repräsentationsbegriff in eine Fülle von Differenzierungen auf. So ließe sich die Dikussion der Objektrepräsentation beispielsweise auf ikonischer, symbolischer, semiotischer, integraler oder homöomorpher Ebene führen (Cadoz 1998). | Als Grundannahme sollte dem Status der Karte „Konstruktivität“ und eine „Unabgeschlossenheit“ von Repräsentationen unterstellt werden. Die Dikussion der Objektrepräsentation ließe sich dann auf absoluter, ikonischer, symbolischer, semiotischer, integraler oder homöomorpher Ebene führen. |
5.2.2 Kulturwissenschaftliche Betrachtungen zur Karte |
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Mögliche kartographische Spurenkonzepte lassen sich nicht allein aus dem zurzeit vorliegenden Erkenntnisfundus der Kartographie entwickeln. Vielmehr ist es sinnvoller, dazu sprach- und textwissenschaftliche Erkenntnisse heranzuziehen und generell die kulturwissenschaftliche Diskussion zur Kartographie zu beobachten. So ist es allerdings kaum noch möglich – wie es Siegrid Weigel (2015) für die Bildwissenschaften sinngemäß beschreibt – das weite Feld der gegenwärtigen disziplinübergreifenden Publikationen zum Thema Karte oder Kartographie zu überblicken. Pointiert sollen dazu zwei sich unterscheidende Publikationstendenzen beispielhaft skizziert werden: | Zur Frage möglicher Spurenkonzepte sollen als Beispiel zwei kulturwissenschaftliche Publikationstendenzen herausgestellt werden: |
Mark Monmonier hat in einer relativ frühen Veröffentlichung zum Medium Karte, zur kartographischen Erkenntnisbildung und damit zur Kartographie insgesamt folgendes zusammenfassend (und humorvoll?) ausgeführt (1991, dt.1996, S. 255): „In den vorangegangenen Kapiteln haben wir uns mit dem weiten Spektrum kartographischer Lügen befasst: den kleinen Notlügen, die unerlässlich sind, den manipulativen Lügen, die den Leser täuschen sollen, und den unabsichtlichen Unwahrheiten, die sich ergeben, wenn wohlmeinende Kartenverfasser mit den Prinzipien graphischer Logik und kartographischer Generalisierung nicht vertraut sind. Ein vorsichtiger Kartenbenutzer ist deshalb stets auf der Hut vor den verwirrenden oder irreführenden kartographischen Produkten unwissender oder böswilliger Kartographen.“ | Zum einen nach M. Monmonier:
es existiert „ein weites Spektrum kartographischer Lügen“: „den kleinen Notlügen, die unerlässlich sind, den manipulativen Lügen, die den Leser täuschen sollen“ etc. |
Ein ähnliches Beispiel stellen die Ausführungen – oder die „Polemik“, wie die Medienwissenschaftlerin Marion Picker (2013, S.8) schreibt – von Denis Wood (2003) dar, in denen u.a. kartographische Institutionen bzw. deren technischer und wissenschaftlicher Anspruch pauschal in Frage gestellt werden. Für Wood gibt es eine neue Sicht auf die Kartographie, in der die Konzeption, Fertigung und Verwendung von Karten allen frei steht, sie also besonders für fachliche Laien relevant bzw. zugänglich sein sollten. Die Form und die Inhalte dieser beiden Beispiele können (oder sollen?) zu einer negativen Signalwirkung führen und tragen sicherlich nicht dazu bei, den Lesern einen verständlichen und erklärenden Überblick zum Status von „Karte“ und „Kartographie“ zu vermitteln, was auch nur bedingt durch die Ausführungen derselben Autoren an späterer Stelle relativiert wird. | und sinngemäß nach D.Wood:
Die Konzeption, Fertigung und Verwendung von Karten steht allen frei, sollte also besonders für fachliche Laien relevant bzw. zugänglich sein.
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Demgegenüber stehen beispielsweise die Publikationen von Rolf Nohr (2002) aus medienwissenschaftlicher und von Sybille Krämer (2007) aus philosophischer Sicht. Besonders mit der Dissertation von Nohr („Karten im Fernsehen“) liegt eine umfassende kultur- und medienwissenschaftliche Analyse von Karten und Kartographie vor, in der besonders deren gesellschaftlicher Stellenwert unter besonderer Berücksichtigung raumtheoretischer Aspekte der „subjektiven Positionierung“ in kartographischen Medien eine Rolle spielt. In Anlehnung an diese Arbeiten kann konstatiert werden, welcher Stellenwert ein „ausgeweiteter gedanklicher Zugriff“ auf georäumliche Informationen in Karten zukommen kann. Oder, wie es Rolf Nohr sinngemäß vermittelt, wie kartographische „Repräsentationskonzepte“ zu „Diskursformen“ werden können, mit dem Ziel, den Nutzer einer Karte in der Position zu sehen, über die vom Kartenhersteller intendierten Zeichenbedeutung hinaus, individuell oder gesellschaftlich relevante Bedeutungen aus eine Karte abzuleiten bzw. gedanklich einzubringen. | und alternativ
als Beispiele die Dissertation von Nohr („Karten im Fernsehen“) als differenzierende kultur- und medienwissenschaftliche Analyse von Karten und Kartographie. |
Allgemein ist die gesellschafts- oder medienwissenschaftliche Betrachtung kartographischer Repräsentationsbedingungen und -prozesse – im Gegensatz zur Arbeit von Nohr – häufig sehr theoretisch (realitätsfern) und pauschalisierend gehalten. Die oben angeführte „homöomorphe Ebene“ bei Claude Cadoz (1998) führt dabei beispielsweis abweichend zu Gesichtspunkten, die in der kulturwissenschaftlichen Literatur zur Kartographie nur selten explizit differenziert werden. Homöomorphismus, als zentraler Begriff des mathematischen Teilgebiets der Topologie, geht von einer vollständigen Paarbildung zwischen den Elementen von Definitionsmenge und Zielmenge bei einer stetigen Abbildung zwischen zwei topologischen Räumen aus. Das bedeutet, auf die Kartographie übertragen, die Frage nach dem Verhältnis der Verzerrung bei der Ansicht einer Karte in einem bestimmten Maßstab gegenüber der Karte in einem anderen Maßstab (oder der Realität), bei der die Objektmenge erhalten („bijektiv“) bleibt (vgl. auch „Isomorphie“; Koch 2001d). Der Hintergrund dieser Diskussion ist u.a. die erforderliche Vorgehensweise der Kartographie, im Rahmen der Kartenmodellierung Generalisierungsmethoden anzuwenden, die in ihren repräsentativen Auswirkungen grundlegend sind, aber in den entsprechenden Ausführungen der Kultur- und Medienwissenschaften nur selten nachvollzogen bzw. überhaupt berücksichtigt werden. | generell ist die kultur- oder medienwissenschaftliche Betrachtung kartographischer Repräsentationsbedingungen und -prozesse häufig sehr theoretisch und pauschalisierend gehalten.
Zum Beispiel wird die Anwendung von Generalisierungsmethoden in Ausführungen der Kultur- und Medienwissenschaften nur selten nachvollzogen bzw. überhaupt berücksichtigt. |
Ein weiterer Aspekt kartographischer Wissensbildung wird bei Rolf Nohr im Untertitel seiner Arbeit und in seinen weiteren Ausführungen mit dem Begriff der „Positionierung“ herausgestellt. Dieser Begriff meint, dass sich der Rezipient in einer kartographischen Repräsentation individuell in eine gedachte Position einbringt, um von dort eine mentale Beziehung zur abgebildeten Realität einzugehen. Dieser Auslegung hängt mit der häufig in den Mittelpunkt gestellten „Positions- oder Routenfindung“ zusammen, die in der kulturwissenschaftlichen Literatur in der Regel als Rahmenwissen für weitgehende Ausführungen verwendet wird. | Rolf Nohr:
Positionierung meint, dass sich der Rezipient in einer kartographischen Repräsentation in eine gedachte Position einbringt, um von dort eine mentale Beziehung zur abgebildeten Realität einzugehen. |
Zwar sind Orte und Routen wichtige Merkmale kartographischer Repräsentation und dienen der unmittelbaren Identifikation der abgebildeten Realität, sind aber häufig lediglich Merkmale einer übergeordneten Strukturfindung, was in der genannten Literatur aber in der Regel nicht ausreichend thematisiert wird. Das bedeutet, dass sich die kartographische Wissensbildung nicht auf die elementaren Funktionen der Orts- und Routenfindung reduzieren lässt, wie es in neuerer Zeit häufig in der Literatur vertreten wird (vgl. z.B. Picker 2013, S. 15f), sondern dass sich, auch im Zusammenhang mit neuen technologischen Entwicklungen in der Kartographie, die Ableitung von Wissen auf eine erheblich umfangreicheres Angebot von Informationsstrukturen stützen kann. | Orte und Routen sind wichtige Merkmale kartographischer Repräsentation und dienen der unmittelbaren Identifikation der abgebildeten Realität, sind aber häufig lediglich Merkmale einer übergeordneten Strukturfindung. |
Insgesamt bewegt sich die Einschätzung von Karte und Kartographie also zwischen einerseits oberflächlich bleibenden Ausführungen mit pauschalen Bewertungen der Karte als „Artefakt“ und andererseits differenzierten geisteswissenschaftlichen Betrachtungen als „relevantes Kommunikationssystem“ mit weitreichenden gesellschaftlichen Funktionen und Nutzen. In diesem Sinn werden die Funktion und der gesellschaftliche Wert von Karten und kartographischen Systemen auch in vielen Bereichen der Kartographie selbst reflektiert oder bewertet. Eine Ausweitung von Kartenfunktionen zum Beispiel unter Berücksichtigung von Spureneffekten wird sich aber nur im Zusammenhang mit der technologischen Entwicklung im gesamtkommunikativen Kontext vollziehen, deren Ziele und Ergebnisse allerdings noch nicht abzusehen sind und wie auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen und Institutionen zu folgenreichen Auffassungen und Entwicklungen führen wird. | Karten werden also
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